Chrysantheme / Chrysanthemum
Die hier vorgestellten Schalen sind ein Beispiel hoher chinesischer Porzellan-Malkunst. Auf der größeren Schale (16,4 x 10,6 x 7,9cm) ist wahrscheinlich eine Szene aus einem Theaterstück oder einer Begebenheit dargestellt.
The pots presented here are an example for the high art of Chinese porcelain painting. The larger pot (16,4 x 10,6 x 7,9cm) probably shows a scene from a play or some event.
Die kleinere Schale (8 x 8,5 x 5,6cm) zeigt auf ihren Bildspiegeln ein florales Dekor von Kiefer, Bambus und Chrysantheme. Die Kiefer ist das Symbol für langes Leben, weil sie großer Kälte trotzt und ihre Nadeln nicht verliert. Alte Kiefern werden sehr verehrt. Bambus ist in China ein wichtiges Naturprodukt. Auch er ist ein Wesen, das im Winter nicht stirbt.
The smaller pot (8 x 8,5 x 5,6cm) shows a floral decor of pines, bamboo and chrysanthemum on its picture frames. The pine is a symbol for long life since it defies cold weather and does not lose its needles. Old pines are objects of reverence. Bamboo is an important natural resource in China. It too is a plant that does not die in winter.
Die Chrysantheme, die hier gezeigte Seite, steht symbolisch für langes Leben oder
für den Herbst des Lebens. (Beide Schalen wurden im Museum für Bonsaikunst „ SHUNKA-EN „ 2002 in Japan ausgestellt.)
Diese Bonsaischalen zeugen von einer Lebendigkeit, die wir kulturell nicht einmal ansatzweise verstehen. Das, was über Generationen in China gewachsen ist, kann man vielleicht textlich, aber
nicht gefühlsmäßig übersetzen. Andererseits besteht vielleicht die Hoffnung, dass über ein paar Generationen hinweg sich auch bei uns etwas Eigenständiges in der Bonsaikultur entwickelt, das
unserer Vorstellung - und Erscheinungswelt entspricht.
The Chrysanthemum, shown on the picture above, symbolizes a long life or the autumn of life. (Both pots were displayed 2002 in the SHUNKA-EN museum for bonsai art in Japan).
These bonsai pots are testimony of a vibrancy that we cannot even begin to understand with our cultural background. Things that have grown over generations in China can be translated textually, but not emotionally. On the other hand, perhaps there is some hope that in a few generations there will be something genuine in bonsai art which will correspond to our own world of emotions and phenomena.
Peter Krebs
Artikelauszug aus BONSAI ART Heft Nr. 70 , Seite 62
Fotos: beide Fotos wurden großzügigerweise von BONSAI ART zur Verfügung gestellt.
Peter Krebs
Text extract from BONSAI ART Vol. 70 , page 62
Both photographs were reproduced with kind premission of BONSAI ART.Translation: Stefan
Ulrich
Jahreszeiten
Die vier Jahreszeiten
Dieses wunderschöne antike japanische Pflanzgefäß wurde im 17. Jahrhundert hergestellt. Solche Gefäße wurden in Arita produziert und über den Hafen von Imari exportiert. Da auf der Verpackung der Name des Hafens aufgedruckt war, wurden diese Pflanzgefäße in Europa oft fälschlicherweise als Imari-Porzellan bezeichnet. Im 17. Jahrhundert gelangte das Arita-Porzellan zu höchster Vollkommenheit. Zu jener Zeit kamen Kunsttöpfer von der Halbinsel Korea nach Japan und verbreiteten dort die Kunst der Porzellanherstellung. In Arita wurden ihre Techniken dann weiter perfektioniert. Aus Arita stammendes Porzellan erreichte ein Niveau, das auf der ganzen Welt seinesgleichen suchte. Bereits im 18. Jahrhundert begann man in Holland, beeindruckt von der feinen Bemalung, dieses Porzellan nachzuahmen.
Geometrische Figuren, die an die Form von Kirschzweigen erinnern. Der Schalenrand ist mit Kirschblüten verziert.
Das Motiv auf der hier vorgestellten Schale stellt Päonien-und Chrysanthemenblüten dar. Dreht man die Schale, so erkennt man den Wechsel der Jahreszeiten. Blüten und Vögel verkörpern den Frühling, während die Motive auf der anderen Seite den Herbst repräsentieren.
Nur wenige Schalen dieser Größe sind bis in die Gegenwart erhalten geblieben. Eine davon ist das hier abgebildete Meisterwerk. Die Zeit, in der diese Schale entstand, stellt den Höhepunkt der Entwicklung dar. Erst die vollkommene Beherrschung der Technik, der Glasuren und der Formen machte solch eine Schale möglich. Kurzum: Sie ist perfekt!
Koimari Sometsuke. Durchmesser 64,7 cm, Höhe 60 cm. Die Bezeichnung Koimari dürfen ausschließlich die damals zum Export nach Europa bestimmten Stücke tragen.
Fotos und Text wurden großzügigerweise von BONSAI ART zur Verfügung gestellt.
Kakiemon
Eine Bonsaischale des Künstlers Kakiemon
A Bonsai Pot By The Artist Kakiemon
Breite 9,5 cm, Tiefe 8 cm, Höhe 7,2 cm.
Width 9,5 cm, depth 8 cm, height 7,2 cm.
Kakiemon ist ein auch außerhalb Japans bekannter Künstler, auch über den Bereich der Keramik hinaus. Seine Kreationen haben Kunsttöpfer weltweit stark beeinflusst. In der ganzen Welt wird heute noch Keramik hergestellt. bei der man sich durch die Formen der von Kakiemon entworfenen Gefäße inspirieren ließ. Obwohl Kakiemon zahlreiche Tablette und Teller produzierte, gibt es nur sehr wenige Bonsaischalen von ihm. Der Grund dafür ist, dass Kakiemon sehr viel für den Export in europäische Länder produziert hat, es dort aber noch keinen Bedarf für Bonsaischalen gab.
Nach längerer Suche ist es nun doch gelungen, eine aus den Händen des Meisters stammende Bonsaischale zu finden. Es handelt sich dabei um ein außergewöhnliches und begehrtes Kunstwerk.
Der Eigentümer, ein leidenschaftlicher Sammler von Bonsaischalen aus Nagasaki, würde sich nie davon trennen. Er hat diese Schale lange Zeit wie einen Schatz gehütet, denn die Schale ist das beste Stück seiner Sammlung. Das Porzellan ist, wie man es aus Aritayaki kennt, von beinahe reinem Weiß.
Diese von Kakiemon hergestellte Schale zeichnet sich durch die Verschiedenheit aus, mit der ihre Seiten bemalt worden sind.
An den Abzugslöchern im Schalenboden kann man erkennen, dass diese Schale nicht nur zur Dekoration gedient hat. Ihren ursprünglichen Zweck, als Pflanzgefäß zu fungieren, hat sie lange erfüllt. Nach heutigen Vorstellungen ist es wahrscheinlich schwer, einen Bonsai zu finden, den man in dieses Gefäß pflanzen könnte. Können sie sich einen Baum vorstellen, der in diese Schale passen würde.
Kakiemon is an artist also known outside of Japan, and outside the world of ceramics. His creations have influenced artist potters worldwide. Today everywhere ceramics are produced that have been inspired by the forms of vessels designed by Kakiemon. Even though Kakiemon produced many tablets and plates, there are only few bonsai pots by him. The reason for this is that Kakiemon produced a lot for the export to European countries at a time where there was little demand for bonsai pots.
After searching for a long time we could finally find a pot from the hands of this master. It is an exceptional and coveted work of art.
The owner, a dedicated collector of bonsai pots from Nagasaki, would never part with this pot. He guarded it like a treasure, since this pot is the best piece of his collection. Its porcelain is of almost pure white, which is typical of Aritayaki porcelain.
The most outstanding feature of this pot created by Kakiemon is the diversity in the decoration of the four sides.
From the drainage holes at the bottom of the pot one can see that this pot was not only used for decorative purposes. It has been a long time since it fulfilled its original purpose as a planting container. According to today's taste it would be difficult to find a bonsai suitable for this container - or can you imagine a tree that would fit this pot?
Auf der Unterseite der Schale ist das Siegel des Künstlers zu sehen.
At the bottom of the pot the artist's mark is visible.
Artikel und Fotos wurden freundlicherweise von BONSAI ART zur Verfügung gestellt.
Article and photographs reproduced with kind permission of BONSAI ART.
Translation: Stefan Ulrich
Frühlingsrauschen / Spring Murmurs
Unmerklich
reiht sich Tag an Tag.
So bist du entstanden
Vergangenheit.
(Buson)
Was ist Vergangenes? Ist Vergangenes nicht erst vergangen, wenn man es vergessen hat?
Vergangenes bleibt solange lebendig, wie es in unseren Köpfen und Herzen nicht vergessen ist. Erst wenn es vergessen ist, wird es unwiederbringlich ausgelöscht. Das gilt für Erinnerungen, Gedanken, Gelebtes oder Musik, Literatur und Kunstgegenstände. Erst wenn etwas vergessen oder verloren gegangen ist, ist es vergangen. Alles in der Natur besteht aus Werden und Vergehen. Der Reifungsprozess des Menschen besteht aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, und ohne diese findet keine Reifung statt. In uns kann Gelebtes und Ungelebtes Fortbestand haben und unser alltägliches Leben auf vielfältige Weise bereichern. Über Jahrtausende hinweg haben sich menschliches Denken, Gebrauchsgegenstände und Kunstwerke angesammelt, und so manches ist so lebendig wie am ersten Tag.
Bonsai und Schale sind auch in diese Prozesse eingebunden. Den Baum gab es schon lange vor dem Menschen. Keramik ist fast so alt wie die Menschheit selbst. In der Provinz JIANGSU in China wurden in den Götterhöhlen Keramikscherben gefunden, die auf ca. 10 000 Jahre geschätzt werden. Aus dieser alten Keramik heraus hat sich das Porzellan in China entwickelt. Es ist heute auch in unsrer westlichen Kultur, ob im Haushalt, Sanitärbereich, Medizin usw. nicht mehr wegzudenken.
Halte ich alte, gebrauchte Bonsaischalen in der Hand, so spüre ich etwas von dem oben Beschriebenen. Wie viele vor mir, wie viele nach mir mögen sie wohl in ihren Händen gehalten haben und noch halten werden. Es ist einfach schön mit Vergangenem und Zukünftigem zu leben. In alten, bemalten chinesischen Porzellanschalen kommt diese Lebendigkeit besonders zum Ausdruck. Chinesische Töpfer haben ihren Motivschatz aus Religion und Volksglauben geschöpft. Die reale, wie die vorgestellte Erscheinungswelt drücken sich in Zeichen und Symbolen aus. Glück, Reichtum und beruflicher Erfolg wurde dem Besitzer eines mit solchen Symbolen bemalten Gefäßes gewünscht. Die Darstellung der Jahreszeiten, Pflanzen und Tiere waren eine Huldigung an die Natur. Es war dem chinesischen Künstler, im Gegensatz zu unseren Darstellungen fremd, den einzelnen Menschen in seiner Persönlichkeit herauszustellen. Der einzelne Mensch war immer untergeordnet und nicht Herr aller Dinge, die es zu unterstellen galt.
Der Donner des Wasserfalls
ist verstummt vor vielen Jahren schon
Doch wenn sein Name genannt wird,
erdröhnt er wieder wie einst.
(Fujiwara No Kinto)
Inadvertedly
day after day passes by.
This is how you came to existence,
yesterday.
Buson
What is the past? Aren't things only past once they have been forgotten?
The past stays alive as long as we keep and remember it in our heads and our hearts. Only when it's forgotten, it's eradicated forever. This is true of memories, thoughts, experiences as well as for music, literature and works of art. When it has been forgotten or lost, it is truly past. Everyting in nature consists of beginning and dying. The maturing of man consists of past, present and future, there's no progress without these. Things experienced, and things that could have been, can be kept by us and can enrich our lives in many ways. Human thought, things of daily use and works of art have accumulated over millenia, and some of it is as fresh as on the first day.
Bonsai and their pots are part of this process too. Trees existed long before mankind. Ceramics is almost as old as mankind. In the Immortal Cave of the province of JIANGSU in China, ceramics have been found that are dated to 10 000 B.C. In China, porcelain has developed from these archaic ceramics, and porcalain is still an essential article in our Western culture, be it in the household, for sanitary use or in medicine.
When holding old, well-used bonsai pots in my hand, I feel some of the things just mentioned. How many people will have held them in their hands, and how many are yet to come. It is beautiful to live with things of the past and the future. This vitality is especially apparent in old, painted Chinese porcelain pots. Chinese potters drew their imagery from religion and popular belief. Real as well as imagined things were expressed with signs and symbols. Luck, prosperity and success should be bestowed on the owner of a pot painted with these symbols. The depictions of the seasons, of plants and animals were a tribute to nature. Unlike in the west, showing individual people and their personality was a concept that was alien to Chinese painters. The single person was secondary, not the master of things to be subordinated.
The thunder of the waterfall
has been silent for many years.
But when its name is called,
it sounds again like in former times.
Fujiwara No Kinto
Eines dieser alten Kunstwerke möchte ich Ihnen hier vorstellen. Dies ist ein Meisterwerk und gehört zweifelsohne zu den schönsten Porzellanschalen die je in China hergestellt wurden. Diese Bonsaischale zeugt von einer Lebendigkeit, die wir kulturell nicht einmal ansatzweise verstehen. Das, was über Generationen in China gewachsen ist, kann man vielleicht textlich, aber nicht gefühlsmäßig übersetzen. Andererseits besteht vielleicht die Hoffnung, dass über ein paar Generationen hinweg sich auch bei uns etwas Eigenständiges in der Bonsaikultur entwickelt, das unserer Vorstellungs- und Erscheinungswelt entspricht.
Die Schale ist sechseckig, in den Maßen Höhe 26 cm, Durchmesser 36 cm. Weichporzellan, kobaltblaue Unterglasurmalerei, China, ca. 100-150 Jahre alt, so würde es sich analytisch lesen. Diese Schale aber muss man mit dem Herzen lesen. Eine wunderschöne, feinfühlig ausgemalte Landschaftsmalerei tut sich dem erkennenden Auge auf.
Here I'd like to show you one of these old works of art. It is a masterpiece, and without doubt it belongs to the most beautiful pots ever made in China. This porcelain pot speaks in a vibrancy that we with our western cultural background can't even start to grasp. What has grown over generations in China can maybe be translated in words, but not on the emotinal level. On the other hand there's a certain hope that in future generations there will be some genuinely western ideas in bonsai culture that will correspond to our own imaginations and our reality.
The pot is hexagonal with the dimensions 26 cm height and 36 cm diameter (10 x 14 in). Its analytic description is: soft porcelain, cobalt blue underglaze painting, China, about 100 - 150 years old. But this pot needs to be read with the heart. A beautiful and sublty painted landscape opens to the discerning eye.
Dargestellt ist der ganze Zauber des Frühlings in einer Bergwelt mit Seen und Pagoden. Chinesische Weise oder Gelehrte (vielleicht stehen diese „Drei“ auch symbolisch für die drei Monate des Frühlings?) sind wie in ein Gobelin eingewoben. Blühende Bäume verführen einem geradezu an der Schale zu riechen. Es ist schön sich diesem Flair auszusetzen, sich verzaubern zu lassen von der Kunst, die die Chinesen so meisterlich beherrschen. Nach unten wird die Schale enger. Ein schmales Band mit floralem Dekor umschlingt sie und legt sich wie ein Gürtel symbolisch um die Hüfte einer chinesischen „HSIAN NÜ (Fee). Es grenzt damit die Schale von dem sich nach unten hin wieder öffnenden Sockel ab.
Depicted is the whole magic of spring in a montain scenery with lakes and pagodas. Three Chinese wise men or scholars (perhaps the number three is also symbolic for the three months of spring?) are woven into it like in a gobelin. Flowering trees almost lure you into taking a smell at the pot. It is beautiful to be exposed to this flair, to be enchanted by the art that these Chinese painters had such a masterly command of. The pot becomes narrower at the bottom, and a narrow band with a floral decor girdles it like the hip of “HSIAN NÜ”, a fairy. This way it sets off the pot from the plinth which again gets broader at the base.
Symbolisch sind auch die Durchbrüche im unteren Sockel, sie erinnern an Kleeblätter, auch hier wieder über den ganzen Sockel verteilt ein florales Dekor.
Symbolic are also the cutouts in the plinth, they are evocative of clover leaves, and again a floral decor spreads over the entire base.
Symbolträchtig ist ganz besonders der obere Rand der Schale, er besteht aus einem Mäander des Donnersymbols. Schon in sehr frühen chinesischen Texten wird der Donner als „Lachen des Himmels“ erwähnt. Für ängstliche Menschen bedeutet es aber auch der „Ärger des Himmelsgottes“.
Peter Krebs.
Die Schale stammt aus der Sammlung von Paul Lesniewicz (siehe in der Rubrik „Museen und Kollektionen“).
Foto: Josef Wiegand
Another strong symbol is the upper rim of the pot, it is covered with a meandering thunder symbol. Already early Chinese texts mention thunder as “Laughter of the sky”, but to timid people it could also be the “anger of the god of the sky”.
Peter Krebs
The pot is from the collection of Paul Lesniewicz (see also the section on Paul Lesniewicz in “Museum”).
Foto: Josef Wiegand
Translation: Stefan Ulrich